Ziel des Projekts

Neben dem Ziel in dem Haus mit zwei Familien zu wohnen, habe ich noch einige andere Visionen mit der Villa.

Ein altes Haus bedarf einer ihm angepassten und rücksichtsvollen Behandlung unter Beachtung der zur Bauzeit aktuellen Materialien und Handwerklichen Techniken.

Max Bosselmann

Ein Beispiel

Das soll heißen sich zu überlegen, ob es angemessen ist in einem alten Haus in dem Kalkputz verwendet wurde z.B. Zement zu verwenden. Bei genauem hinsehen wird man feststellen, dass Zement andere Eigenschaften hat, die nicht unbedingt vorteilhaft mit bestehendem kalkputz harmonieren.

Umsetzung

Unter Berücksichtigung dieser grundlegenden „Regeln“ ist es mein Ziel in dieser Villa, die schon stark geschädigt wurde so wenig original Substanz wie möglich zu verändern und bereits zerstörtes mit den damals üblichen Materialien und Techniken wieder herzustellen.

Einfach verglaste Fenster

Bewusst habe ich mich dafür entschieden ein Haus zu kaufen, was noch echte Fenster eingebaut hat. Zum einen, weil Fenster die Augen der Häuser sind und den Charakter nach außen hin wesentlich beeinflussen. In dieser Hinsicht wurde leider schon sehr viel Kultur zerstört. Auch ist ein altes Holzfenster eine echte Handwerkskunst, die man schätzen sollte statt sie einfach zu vernichten. Richtig viel Glück hat man, wenn die alten Fenster auch noch mundgeblasenes Fensterglas haben. Das gibt im Raum sehr schöne lebendige Lichtbrechungen. Das beeinflusst bestimmt auch das Wohlbefinden.

Oft wurden alte Holzfenster über jahrzente nicht wertgeschätzt und auch nicht gepflegt und sehen daher meistens sehr kaputt aus. Auf den ersten Blick. Meistens ist nur der Wetterschenkel kaputt und das restlichte Holz in einem erstaunlich guten Zustand.

Heizen mit Kachelöfen

Passend zu den einfach verglasten Fenstern ist das Heizen mit Kachelöfen. Kachelöfen emittieren hauptsächlich Strahlungswärme, ähnlich wie die Wärme der Sonne. Das Wärmestrahlung wird erst an der Oberfläche der Körper auf die sie trifft in Wärme umgewandelt. Das bedeutet es ist eine viel geringere Lufttemperatur notwendig um sich behaglich zu fühlen.

Eine normale Heizung dagegen produziert warme Luft und ist damit auf das Medium Luft als Wärmeträger angewiesen. Das in Kombination mit einfach verglasten Fenstern kostet sehr viel Energie und man gerät in den Teufelskreis der Dämmungen und vielfach Verglasungen um sinnvoll heizen zu können. In einem Neubau ist das kein Problem. In einem Altbau bedeutet so eine Maßnahme die missachtung der Bedürfnisse des Hauses.

Originale Bodenbeläge und Beschichtungen

In unserer Villa haben wir hauptsächlich Holzdielung als Fussboden. Im Salon gibt es Fischgrät Parkett aus Eiche. Es war wahrscheinlich ein Glück, dass die Holzdielen fast überall mit PVC oder Spanplatte und PVC abgedeckt waren. So wurde die Oberfläche zwar beschädigt, aber in der Zeit als das Haus als Landschulheim diente nicht unwiederbringlich geschädigt. Auch hier ließ sich schön beobachten wie das Abdecken der Holzböden mit Materialien, die nicht zur Bauzeit gehören z.B. PVC, dem Haus nicht gut tut. Holz ist ein Werkstoff der Luftfeuchtigkeit aufnehmen und abgeben kann. Deckt man diesen mit erstickendem PVC Belag ab, verändert sich das Raumklima negativ und kann im schlimmsten Fall Schimmel begünstigen.

Erhalt des Kaltdachs

Üblich ist es alte Dächer komplett abzudecken und alles mögliche auszutauschen. Dann kommt eine Unterspannbahn und Dämmung dazu. Das verändert ein altes Haus maßgeblich. Zum einen geht die Optik eines alten Daches, teilweise mit Schwung, kaputt und wird unpassend perfekt. Durch das Dämmen verändern sich die thermischen Gegebenheiten so stark, dass alte weichere Dachziegel gar nicht mehr verwendet werden können. Durch eine Unterspannbahn sind die Dachziegel von innen auch nicht mehr zu sehen und nicht mehr zu erreichen. Wenn nun ein Ziegel getauscht werden muss, wird der ganze Prozess sehr umständlich. Oder nur von außen mit Gerüst möglich. Vieles kann dann nicht mehr selber gemacht werden und kostet viel Geld.

Darum sollte das Kaltdach, wenn möglich so wie es ist erhalten bleiben.

Elektrik in alten Häusern

Alte Elektrik wird häufig achtlos entfernt und weg geworfen. Da sollte etwas genauer geschaut werden was hier vernichtet wird. Alte Verteilerdosen aus Porzellan sind oft besonders geschmacksvoll gestaltet und extrem hochwertig im Gegensatz zu dem billigen Weichplastik was heute Standard ist. Wenn so etwas abgerissen wird sollte es zumindest aufgehoben werden.

Bakelit Verteilerdose. Hier achtlos überstrichen.
Bakelit Kippschalter. Nachbauten kosten bis zu 60€ pro Schalter.

Die originalen Positionen der Lichtschalter sind ein kleines Detail was beibehalten werden sollte. Warum kauft man sich sonst ein altes Haus, wenn man mit allem unzufrieden ist was früher Standard war und ändern muss? Die Schalter waren meistens auf 1,5m Höhe und auch nicht hinter jeder Tür. Mit Steckdosen wurde sehr gespart da kann man ruhig etwas großzügiger sein.

Aufputz zu verlegen hat man früher oft nicht nur im Keller gemacht. Mit den schönen Blechrohren in denen die Kabel eingezogen sind, sieht das auch sehr ästhetisch aus. Mit den heute üblichen grauen Plastikkabeln würde das allerdings ziemlich schäbig werden. Der große Vorteil von Aufputz Elektrik ist, das man immer direkt sieht wo eine Leitung ist und mit wenig Aufwand und Dreck Leitungen auch umverlegen kann. Wieso ist das eigentlich nicht bewusst?

Rekonstruktion der Wandbemalung

In unserer Villa war überall Tapete an den Wänden. Nach dem Entfernen der Tapete kam meistens eine kreidige Sandfarbene Schicht mit einem Rollmuster aus den 50er Jahren zum Vorschein. Unter dieser Schicht ist die originale Bemalung in sehr spährlichen Resten vorhanden. Zu erkennen ist deutlich, dass weiße Wände nicht besonders beliebt waren. Tatsächlich waren weiße Wände früher oft etwas für arme Leute oder Ställe.

Die Muster die früher an der Wand waren beschäftigen immer das Auge und regen die Kreativität an, ähnlich wie wenn man in der Natur sitzt. Selten sind da perfekt Uni Farbene Flächen zu finden. Sitzt man in einem weißen Haus braucht man den Ausgleich der Natur umso mehr.

Dunkle Wände waren auch häufig zu finden. Das hat einige Vorteile. Dunkle Wände lassen das Licht durch die Fenster heller erscheinen, blenden nicht und wirken beruhigend. Wird zudem noch mit Kachelöfen geheizt erwärmen sich dunkle Flächen noch schneller als helle. So wie dunkle Gegenstände in der Sonne. Das wiederum erwärmt die massiven Ziegel Wände besser und die Wärme wird noch länger gespeichert.

Vermeidung von bauzeitlich untypischen Materialien

Bevor der günstige Zement aufgemacht wird, sollte man prüfen aus was der Bestand gebaut ist. Denn harter Zement auf weichem Kalkputz wird nicht gut sein. Zement hat auch ganz andere physikalische Eigenschaften als Kalkputz. Er ist härter, weniger nachgiebig und hält Feuchtigkeit zurück, wodurch Wände länger feucht bleiben und schaden nehmen. Wird zu viel davon verwendet kann man sich das Raumklima zerstören. Werden alte Mauersteine im Reichsformat mit Zement gemörtelt können sie nie wieder schadensfrei auseinander genommen werden. Wird dagegen mit weicherem Kalkmörtel gemauert, kann man die Steine einfach vom Mörtel befreien und nochmal verwenden.

Nicht zu suchen im Altbau haben auch Kunstharzlacke und diverse Harze. Früher wurden Leimfarbe, Kalkfarbe zum bemalen benutzt, für Fenster wurde Leinölfarbe genommen, die es nicht gerne hat mit Kunstharzlacken überstrichen zu werden. Das führt zum schnelleren Verfall der schönen Holzfenster. Zum kleben wurde sehr häufig Knochenleim, statt Holzleim mit Kunststoffpartikeln oder Epoxydharze verwendet.